Lesende Kinder

Sind eBooks für Kinder sinnvoll?

Wer Kinderbücher sucht oder Kinderbücher schreibt weiß: Bis zu einem bestimmten Alter müssen die Geschichten und eBooks nicht nur den Kindern gefallen, sondern auch den Eltern. Und hier gehen die Meinungen oft auseinander.
Sind wir Eltern doch mal ehrlich: Wir beurteilen Bücher für Kinder gerne nach dem Kriterium „pädagogisch wertvoll“. Lernt mein Kind mit dieser Geschichte das Richtige? Sind die Problemlösungsvorschläge gesellschaftlich kompatibel? Sind elektronische Geräte zum lesen sinnvoll?

In erster Linie geht es doch darum, dass Kinder überhaupt lesen

Bis her übernahmen Verlage für uns Eltern eine gewisse Vorauswahl. Sie entschieden und entscheiden, welche Geschichten sowohl Kindern als auch Eltern zusagen könnten, und präsentieren sie in ihrem Programm. Seit es eBooks und Independent Autoren, „Indies“ genannt, gibt, entfällt dieser Zwischenweg mehr und mehr. Eltern oder die Jugendliche informieren sich direkt im Internet, auf Plattformen, in Blogs wie „Leseproben für kleine Schmökerratten“* und in Foren und bestellen direkt. Sie bestellen nach ihrem Geschmack oder nach den Wünschen ihrer Kinder. Print oder ebook. Von namhaften Autoren oder von Newcomern. Die Kernfrage bleibt jedoch:

Print versus eBook: Können eBooks für Kinder das Lesen sinnvoll fördern?

„Lesen ist für den Geist das, was Gymnastik für den Körper ist“, sagt Joseph Addison (1672-1719), engl. Schriftsteller.

Die Bedeutung des Lesens wird vielfach hervorgehoben, wissentschaftlich belegt und in Grundschulen durch eine große Anzahl an Projekten gefördert. Verlage berichten, dass die Verkaufszahlen von Jugendbüchern in den vergangenen Jahren gestiegen seien und einen großen Anteil am Gesamtumsatz in der Buchbranche hätten. (Berliner Morgenpost online vom 27.2.2012) Welche Rolle spielen dabei eBooks?

Diese Frage lässt sich nur einzeln beantworten. Der Reihe nach, je nach Lebenslagen, in denen entweder Eltern mit Kindern oder Kinder allein lesen.

Alles beginnt mit Vorlesen.

Kinder tauchen in Geschichten ein und hören sie durch die vertraute Stimme ihrer Eltern, Großeltern oder anderer Vertrauenspersonen. Die Bedeutung des Vorslesens liegt in der Verknüpfung dieser beiden Elemente: gute Geschichte und vertraute Stimme. Übrigens kann man deswegen auch das Vorlesen nicht einfach durch Hörbücher ersetzen, höchtens ergänzen. Das gehört allerdings in einen eigenen Artikel.

Fazit: Zum Vorlesen eignen sich eBooks hervorragend, sofern die Geschichten gut sind, und die Vorleser vertraut. Und wie findet man gute Geschichten? Siehe oben: In Blogs, anhand von Rezensionen zum Beispiel auf Deutsche Belletristik als E-Book*, über Empfehlungen …wie diese hier: Bücher von Annette Paul*.

Ersetzen farbige eBooks das herkömmliche Bilderbuch?

Ich meine nein.
Bilder können am Reader (meist nur scharz-weiß) oder Tablet (in Farbe) zwar angesehen und gemeinsam besprochen werden. Anfassen, bekritzeln, zu sich rüberreißen, auf den Boden fallen lassen, alles was Kleinkinder mit Büchern gerne tun, führt hier sicher zu Zerwürfnissen mit den Besitzern der elektronischen Geräte. Stellen wir uns nur mal vor, so eine Kinderhand, die gerade Pudding gegessen hat, schnappt sich ein Tablet und tappst drauf los …

Leseanfänger lesen oft mit dem Finger in der Zeile.

Buchstabe für Buchstabe folgen Erstleser mit konzentriertem Blick und setzen Buchstaben zu Silben und Silben zu Wörtern zusammen. Sie helfen sich, indem sie das Buch oder Lesegerät beim Lesen berühren. Lesegeräte mit Touchscreen sind dafür somit schlechter geeignet. Lesegeräte mit Tastatur erfüllen ihren Zweck. Zumal sie einen Vorteil bieten: Die Schriftgröße lässt sich individuell einstellen. Bei Kindern habe ich oft beobachtet, dass sie ein Buch weglegten, nur weil die kleine Schrift ihnen wie eine unüberwindbare Hürde vorkam.

Kinder lesen und wählen ihre Lektüre selbsständig

Manche Kinder befreien sich schon in der dritten Klasse von der Vorauswahl der Bücher durch ihre Eltern. Sie suchen sich ihre Lektüre selber aus. Sie besprechen sich mit Freunden, sie nehmen Empfehlungen an oder sie lassen sich vom Buchrückentext überzeugen. Ich bin noch nicht hinter die Kriterien gekommen, die meine Tochter zur Auswahl nutzt, ich weiß nur, dass sie ein absolut eigenes Gespür für ihre Themen hat. Kurz gesagt, nach dem Erstlesealter setzt relativ schnell die Zeit ein, in denen sich Kinder ihre Lektüre selber aussuchen. Sei es Bücher, Comics, Mangas oder eben eBooks.

Kinder lieben Serien

Nach der sogenannten JIM-Studie 2011 (Jugend, Information, Multi-Media) nehmen sich 54 % der Mädchen und 35 % der Jungen, mehrmals in der Woche ein Buch vor. So dass Folgendes geschieht: Das Bücherregel biegt sich durch. Kinder lieben nämlich Serien und sie lieben es auch, alle Bände einer Serie zu besitzen. Bis sie aus dem Alter herausgewachsen sind. Dann werden die Bücher verschenkt, verkauft, verräumt.

Fazit: Es geht nichts darüber im Bett zu liegen und in einem Buch zu Schmökern. Ebooks sollen deswegen gebundene Bücher nicht ersetzen. Sie haben allerdings durchaus das Potenzial sie zu ergänzen. Sie verschaffen dem Bücherregal Erleichertung und stillen den Lesehunger. Und:

  • Ebooks sind günstiger, von Indies sogar oft wesentlich günstiger
  • Ebooks erfüllen den Drang der Jugendlichen nach technischen Geräten
  • Geschichten beflügeln die Fantasie, ob sie auf Papier geschrieben sind oder auf einem Bildschirm erscheinen.
* Die Links führen zu Blogs befreundeter Indie-Autoren, die wie ich, sich selbst vermarkten und die ich empfehlen kann. Ich verdiene daran nichts. Wir haben uns gemeinsam entschlossen uns gegenseitig zu fördern und ein Netzwerk zu bilden.
Foto: magicpen; / pixelio.de
4 comments… add one

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  • Pebby Art 5. Januar 2015, 08:54

    Ein sehr schöner Artikel, liebe Tine Sprandel! In erster Linie kommt es auf die Geschichte an und beim Vorlesen auf das gemeinsame Erleben und Abtauchen in diese Geschichten. Dass ein Reader oder Tablett nicht bekritzelt werden sollte, ist natürlich ein Punktgewinn für das gedruckte Buch;). Andererseits sind die Bilder auf einem elektronischen Gerät – soweit es diese in Farbe anzeigt – oftmals in so wunderschönen, leuchtenden Farben, dass das gedruckte Buch dagegen fast etwas blass aussieht.
    Fazit: Auf die Geschichte kommt es an. Und ich hoffe und glaube, dass beide Medien gut nebeneinander und miteinander existieren können.
    Viele liebe Grüße
    Pebby Art

    • tine 5. Januar 2015, 09:15

      Ja, Liebe Pebby, auf die Geschichte kommt es an! Danke für den schönen Kommentar. Gruß Tine

  • Rosemarie Benke-Bursian 12. Februar 2015, 20:34

    Hallo Tine,
    das hast du toll auf den Punkt gebracht. Ich sehe E-Books auch nicht als Verdränger von Print-Büchern, sondern als Ergänzer.
    Und möchte selbst zum Thema Vorlesen ergänzen – weil ich einen Sohn habe, dem ich als Kind nie genug vorlesen konnte – dass hier E-Books die wunderbare Möglichkeit bieten, immer genügend Lesesestoff zum Vorlesen dabei zu haben, egal ob man irgendwo Wartezeit verbringt, sich auf einer Reise im Zug oder Flugzeug befindet oder eben im Urlaub, wo man Print-Bücher nur in begrenzter Menge mitbringen kann.
    Auch die Möglichkeiten, die sich Erstlesern durch die Schriftvergrößerung bieten, hast du gut herausgearbeitet, so wie die zunehmenden Technik-Affinität, wenn die Kinder älter werden. Da sehe ich vor allem die Jungs als eine lesemuffelige Gruppe, die man über E-Books wieder zum Lesen animieren kann.
    Und wenn ich mir die Technik weiter denke, sehe ich E-Books, die mit Zusatzdetails hinter einem Link aufwarten können, in dem ich ein das Bild von einer bekannten Person, einem Tier, einer Landkarte o.ä. anklicke. Vielleicht sogar ein kleines Video, dass die eben gelesene Beschreibung des Hundes, der Katze, der Maus nicht nur anhand von ein paar stehenden, sondern mit bewegten Bildern und Lauten untermauert.
    Ich selbst könnte mir die Welt nicht ohne Print-Bücher vorstellen. Und dachte zu Beginn auch, dass ich keine E-Books bräuchte, doch mittlerweile bereichern sie auch mein Sortiment, ohne auch nur ein einziges Print-Exemplar ersetzt zu haben.

    Viele Grüße
    Rosemarie
    http://www.rosemarie-benke-bursian.de

    • tine 7. Juli 2015, 17:20

      Hallo Rosemarie,
      danke für die schönen Ergänzungen! Das baut auf: Die Menschen brauchen immer wieder neue kurze und lange Geschichten. Und ja, E-Books helfen diesen Hunger zu stillen!
      Gruß Tine

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