Leseprobe

Dir Prinzessin mit der feinen Nase

Am ersten Tag versank die Wiese in brütendes Schweigen. Die Margeriten ließen ihre Köpfchen sinken und die Wiesenwesen erstarrten im Nachdenken.

Da kroch der Wiesenwicht Viktor aus seiner Lieblingsblüte, dem nickenden Dingsda und sah sich erstaunt um. Gerade hatte er sich mit Duft vollgesogen, nun wunderte er sich über die drückende Stille.

Die anderen lachten ihn aus: „Bist du auch schon wach?“

Und sie sagten: „Der ist zu faul, um dem König zu helfen. Der ist zu faul, um überhaupt die neuesten Nachrichten zu empfangen.“

Viktor gähnte und wollte sich schon wieder in seinen Kelch verkriechen, als er das leise Wispern einer lahmen Nacktschnecke vernahm: „Hör zu: Der König belohnt denjenigen, der seiner Tochter den Geruchssinn wieder gibt. Reicher Lohn, leichte Beute, du musst nur eine Idee haben!“

Reicher Lohn, leichte Beute? Das lockte Viktor aus seinem Blütensessel, er reckte die kleinen Glieder und fuhr mit den Fingern durch den ungekämmten Wuschelkopf und sagte: „Wiesenwicht Viktor macht sich auf den Weg!“

Die anderen tuschelten: „Was will der schon? Hat doch nichts als Müßiggang im Kopf!“

Aber Viktor hatte eine Idee.

s dauerte zwei Stunden, zweiundzwanzig Minuten und zwei Sekunden bis Viktor sich bis zum Schloss durchgearbeitete hatte. Im wahrsten Sinn des Wortes. Denn er sammelte und suchte alles was er finden konnte und das nach nichts roch. Das war harte Arbeit, denn in so einer Wiese roch alles ein bisschen nach Gras oder nach Lehm oder nach Regenwurmkot oder nach Blütensuppe. Er hatte einen Stein gefunden, so groß wie seine ganze Hand und so klein wie ein Samenkorn. Er hatte diesen Stein geschrubbt, geputzt und poliert bis kein Hauch eines Geruchs mehr an ihm hing. Dann hatte er ihn in sein Jutesäckchen gestopft.

Als nächstes viel sein Blick auf eine Glasscherbe, so groß wie Viktors Bein, so klein wie ein Blütenblatt des Gänseblümchens. Auch dieses Prachtstück putzte und polierte er bis kein Erdrestchen einen Duft verriet. Als drittes fand er ein Stück Draht. Länger als der ganze Viktor und so kurz wie ein kleiner Grashalm. Nachdem er ihn gesäubert hatte, behielt er ihn in der Hand. Er war zu lang für sein Jutesäckchen und zu wertvoll, um ihn aus den Augen zu lassen.

Viktor schritt zum Schloss und rüttelte mit seinem Stock am Rankentor.

„Wer ist da?“ rief ein Diener.

„Wiesenwicht Viktor. Ich will zur Prinzessin.“

Der Diener lugte durch einen Spalt im Rankengerüst und wunderte sich sehr. „Was will der Meister der Faulheit bei der Prinzessin?“

„Ich will sie retten. Ich will sie von ihrer Qual befreien.“

„Hoho. Hört, hört. Du willst das? Du willst etwas tun?“

„Lässt du mich nun ein?“ fragte Viktor.

„Nein, nein. Nein. Der König hat befohlen, ich soll nur die großen Helfer einlassen, die eine wirklich gute Idee haben, Faulpelze, die nur auf die Belohnung aus sind, soll ich gar nicht vorlassen.“

„Aber ich habe eine Idee!“

„Ja?“ fragte der Diener listig. Denn er wollte die Prinzessin selber retten, und mit ihr an seiner Seite Herrscher im Wiesenland werden.

„Ich verrate sie nur der Prinzessin, sonst funktioniert sie nicht.“

„Dann scher dich zum Teufel. Ich darf niemanden zur Prinzessin vorlassen.“

Mehr lesen? Im Buch erfahrt Ihr den Anfang und es geht weiter …

„Die Prinzessin mit der feinen Nase“, E-Book 2011 von Tine Sprandel, Illustrationen von Gwen Kaase.

Als Taschenbuch, ISBN-13: 978-1478129073 bei amazon

Als E-Book, ISBN: 9781466015043: Hugendubel, WeltbildThalia,  smashwords, amazon, iTunes, xinxii, Barnes & Noble, Diesel, beam eBooks

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